Bestimmte Risikofaktoren der koronaren Herzkrankheit sind Ende der 1960er Jahre nicht bewusst/bekannt, z.B. Alter, Fettstoffwechselstörungen, die „Pille“, starker Alkoholkonsum, Vererbung. Dafür werden hohe psychische Belastungen und beruflich dauernd auf Hochtouren zu laufen, als häufige Dispositionsfaktoren genannt.
Zur Befunderhebung gehört in dieser Zeit (und noch heute) zunächst die Auskultation, d.h. das Abhören der Herztöne und etwaiger Geräusche. Die EKG-Ableitungen zeigen eine ST-Hebung im EKG. Labortechnisch wird eine erhöhte Blutsenkungsgeschwindigkeit (BSG, siehe LPV002) ermittelt. Bestimmte Enzymwerte im Blut (CPK, GOT, GPT, LDH) sind erhöht, das Troponin gehört noch nicht dazu. Zum Blutabnehmen kommen Flügelkanülen (siehe SPV014) zum Einsatz
Starke Beruhigungsmittel wie z.B. das Diazepam (Valium®) kommen langfristig zum Einsatz. In bestimmten Fällen wird eine Rechtsherz-Katheterisierung durchgeführt, seit 1967 ist auch eine Bypass-OP möglich. Verengte Herzkranzgefäße können nicht erweitert werden. Zunehmend wird eine medikamentöse Wiedereröffnung verschlossener Gefäße durchgeführt, mit einem hohen Risiko lebensbedrohlicher Blutungen. Digitalis gilt als wichtigste Medikation zur Behandlung einer Herzschwäche. Eine Sauerstoff-Gabe (3-4 l/min.) ist regulär üblich, bei fehlender Zentralversorgung mittels häufig zu wechselnder Druckflaschen (siehe IBM004).
Die Überwachung mithilfe eines EKG-Monitors (siehe MPV013) wird ergänzt durch ¼-stdl. Vitalzeichenkontrolle (siehe Pulsuhr MPV008 und ggf. rektales Thermometer MBM042). Für ca. 3-5 Tage ist strenge Bettruhe einzuhalten. Bei absoluter Ruhigstellung ist nur Muskeltraining ohne Bewegung erlaubt. Die Patienten-Unterlage wird mit drei Pflegekräften gewechselt. Die Körperpflege erfolgt zunächst reduziert, dann wird sie komplett „von der Schwester übernommen“. Der Brustkorb darf nicht, wie sonst bei Bettruhe üblich, abgeklopft werden. Zur Entspannung der Bauchdecke wird eine Knierolle eingelegt. In den ersten Tagen erfolgt eine künstliche Ernährung über die Vene, der Kranke darf nichts selbst ausführen. In den ersten Tagen gilt Besuchsverbot. Danach ist Besuch nur erlaubt, wenn er den Kranken nicht aufregt. Der Beginn der Mobilisation in den Nachtstuhl erfolgt nach 1-4 Wochen. Je nach Verfassung wird nach 3-4 Wochen ein abgestuftes Reaktivierungsprogramm bis zur Entlassung praktiziert. Das Telefon wird erst im Stadium der Genesung erlaubt! Allerdings kann sich ein Verbot des Zeitunglesens u.U. nachteilig auswirken. Der Patient soll spüren, dass „die Schwester für ihn Zeit und Verständnis hat“. Mithilfe des Birnentasters kann der Patient jederzeit den Schwesternruf auslösen.
Im Normalfall kann die Berufstätigkeit nach 4-6 Monaten wieder aufgenommen werden. Wichtig ist die Reduzierung der bekannten Risikofaktoren, „Das Rauchen von Zigaretten sollte aufgegeben werden“. Blutverdünnende Mittel (Marcumar®) dienen der Nachbehandlung, niedrig dosierte ASS (Acetylsalicylsäure) einzunehmen noch nicht üblich.
Erfreulicherweise ist festzustellen, dass die Sterblichkeit fünf Jahre nach einem akuten Herzinfarkt 1972 noch rund 50% betrug und bis 2012 nahezu halbiert werden konnte.
Im Folgenden werden eine Reihe von Pflegedingen für Infarkt-Patient*innen in der damaligen Zeit vorgestellt. Es handelt sich um eine exemplarische Auswahl überwiegend eher unspezifischer Hilfsmittel, zu den Aspekten Krankenzimmer, Krankenbett, Fürsorge, Versorgung, Entsorgung, Körperpflege, Überwachung, Dokumentation, Diagnostik und Prophylaxen. Die gekonnte, zusammenhängende Nutzung der Objekte in einem geeigneten Umfeld bot trotz aller zeitbedingten Einschränkungen Voraussetzungen für die Genesung der vital bedrohten Menschen.
Quellen:
dgk.org
Juchli, L./Högger, B. (1971): Umfassende Krankenpflege,
Lehrbuch, Band 1, 3. Aufl., Stuttgart (Thieme),
Schettler, G. (Hg.) (1972): Innere Medizin – Ein kurzgefasstes Lehrbuch, Band 1, 3. Aufl., Stuttgart (Thieme),
Stellbrink, C. (2019): Entwicklung der Herz-Kreislauf-Medizin (unveröffentlicht),
Wikipedia,
Zeymer, U. (2014): Akuter Herzinfarkt: Was neu und wichtig ist
Pflege und Behandlung eines Herzinfarktes – was war vor 50 Jahren anders?
Fieberthermometer, durch seine Form speziell für rektale Messungen geeignet. Glas mit Skala von 34-42 Grad, Hersteller unbekannt. Zur Feststellung der Körperkerntemperatur war die rektale Messung unabdingbar. Anwendung mit Schutzhülle. Beispiel: Verdacht auf akute, infektiöse Endokarditis (Herzinnenhautentzündung) z.B. nach einem Klappenersatz, mit einer Körpertemperaturerhöhung auf über 39 Grad. Beachte die Verletzungsgefahr bei unruhigen Patient*innen.
Urinflasche für den Mann, weiß emailliertes Metall, birnenförmig mit blauem Rand und blauem Handgriff. Volumen ca. 700 ml
Wasserkissen aus rotem Gummi, mit Drehverschluss. Nach Befüllen mit körperwarmem Wasser, auf einem Stecklaken auf dem Fußboder Entlüftung mithilfe eines Holzstabs. Zweck: Lagerung eines dekubitusgefährdeten Patienten Aufdrucke: 63 x 70 II Ct 10 "Liegt es einmal im Bett, macht es keine besondere Arbeit mehr und hat darum bei Langzeitpatienten auch heute noch seine Berechtigung" (L. Juchli 1976). Hoher Aufwand bei geringer oder fehlender Wirkung (eigene Erfahrungen Ammann 1990er Jahre). Pflegewissenschaftliche Studien ergaben, dass wassergefüllte Kissen "nicht nur aufgrund ihrer hohen Wärmeleitfähigkeit und daher ihres körpertemperatursenkendes Effektes, vielmehr auch ob des Seegangeffektes der ungekammert großen Wassermassen und den hieraus resultierenden hohen Scherkräften auf die druckulkusgefährdete Haut ungünstig [sind]. Ihr Einsatz mit der Zielrichtung Dekubitusprophylaxe oder auch im Rahmen der Dekubitustherapie gilt heute als obsolet (Schröder et al 1997)
Schelle für den bettlägerigen Patienten, Taster schwarz, mit birnenförmigem Kunststoff-Gehäuse beige, mit weißem Kabel
Pulsuhr bestehend aus einem oberflächenbehandelten Metallgehäuse mit Clip. Das Gehäuse schützt eine Sanduhr aus Glas. Oberkante des Gehäuses mit Pflaster fixiert, um das Glas in der Hülse zu fixieren. Gravur 1/4 (kaum sichtbar) - Laufzeit des Sandes ca. 15 Sekunden. Aufnahme liegend. Ein obligatorisches Hilfsmittel für Pflegekräfte und Hebammen
4-tlg.: Steckdose für Birnentaster, Bedienungseinheit mit weißem Bestägungslicht, Anzeigeleuchte Milchglas/Messing (rot/weiß) über Tür; Anwesenheitsstecker mit blauem Handgriff, Stift nicht passend. Funkt. Ersatz: Bananenstecker gelb
Zimmer 148 der Station 1/4, Städtische Krankenanstalten Bielefeld-Mitte im März 1982 Patienten: Einer lächelt, der andere liest Zeitung. Helligkeit: 2 große Fenster Farben: Weiße Wände, Hellgrauer Fußboden, Braun-gelbe Gardinen, Rot und rosa (2 Blumensträuße) Mobiliar: Tisch mit Tischdecke, Nachtschränke mit ausklappbarem Bett-Tisch, mit Getränken, Radio, Brille Beleuchtung: Leselampe Rufanlage: Klingelknopf an der Wand Krankenbetten: 3 sichtbar, 2 belegt. Moderne Standardkonstruktion: fahrbar, im Niveau verstellbar, Bettbügel, Aufrichter, Bremse, Namensschilder (Heizkörper und Steckdosen nicht sichtbar)
Emaille-Steckbecken mit Schutzring aus rotem Gummi (mit Ventil zum Aufblasen) zur Schonung der Patientin/des Patienten. Zellstoff (selbst geschnitten) anbei.
Leselampe, wie sie im Krankenzimmer verwendet wurde. Befestigung an der Wand, notfalls mit Schraube/Stahlwinkel
Alltagskleid einer Schwester/mittelblauer Baumwollstoff/bis zur Taille von oben geknöpft Incl. mit weißer Schürze, Haube und Brosche der Städt. Krankenanstalten Bielefeld (DBM057) bekleideter Ausstellungspuppe
Fersenkissen (rund), mit Ventil, Aufkleber: 1 2 (Station 1/2). Diente zur Freilagerung der Fersen, um das Wundliegen zu vermeiden. Zweck: Dekubitusprophylaxe. Nachteil bei dauerhaftem Gebrauch war die Ausprägung eines ringförmigen Dekubitus.
Urinflasche für Männer, Glas; 2 Stück: mit Graduierung 800 ml und ohne Graduierung. Gemäß Pschyrembel auch "Ente" genannt. Mit Aufhängevorrichtung (leicht verbogen)
Urinflasche für die Frau. Glas, angepasste Form. Zwei Exemplare: a) am Rand ist etwas vom Glas abgesprungen b) intakt, mit verstärktem, abgerundetem Rand
Papier-Ausdruck, auf Kapa. Abdruck in einer Broschüre mit Auszügen aus Irmgard Goldhahn, Das 1x1 der Krankenschwester (1966)
Fahrbarer Toilettenstuhl, grau lackiertes Gestell, schwarzes Sitzpolster Kunstleder, Rückenlehne und Armlehnen-Polster ebenso, herausnehmbare Fußstützen, herunterklappbare Armlehnen, auf Rollen, 2 davon feststellbar. Kunststoff-Eimer mit Deckel. Aufkleber "PVM" beidseitig am Gestell, daneben Balkencode Herstellerfirma, max. Belastung 130 kg
Toilettenstuhl mit gedrechselten Pfosten, verziertes Rückenteil. Gelochte Sitzfläche. Unterseite kleines Blechschild: "Gesetzlich geschützt". Holzwurm-Befall festgestellt --> Restaurator! Topf mit Deckel aus weißem Porzellan. Deckel nachträglich geklebt (durch KH-Museum 2018).
Dunkelbraun, schlicht. Mit außen rotbraun emailliertem Topf mit ebensolchem Deckel. Runder Holzeinsatz als Sitzfläche, mit zwei Grifflöchern. Hinter der Rückenlehne Etikett "Herlag"
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